Vorsicht: Die kommenden Zeilen sind etwas satirisch gewürzt und entsprechen nicht ganz den anderen Wissensrubriken. Wir vertrauen aber auf den Humor der LeserInnen und werden auch noch den politischen Staatsaufbau und den Wirtschaftsteil mit harten Fakten ergänzen. zu empfehlen auf jeden Fall: "Unsere glorreiche Geschichte". Viel Spaß beim Lesen.
Das Saarland. Ach ja, das Saarland. Eigentlich ganz nett hier. Das wäre es doch glatt wert, mal genauer hin zu schauen und rauszukriegen, was das Saarland eigentlich ausmacht - abgesehen natürlich von Dibbelabbes, Saarschleife und Maggi.
Unsere unersetzliche Sprache
Im Saarland, das ja in Deutschland liegt, wird Deutsch gesprochen, könnte man meinen - aber genauso wenig wie in Bayern Deutsch gesprochen wird, wird es im Saarland gesprochen. Wer hier wohnt, weiß: Saarländisch ist das einzig Wahre. Wer das nicht glauben sollte, muss es nur ausprobieren.
Kritiker mögen einwenden, dass Saarländisch nicht gerade zu den beliebtesten Dialekten zählt, sollten aber bedenken, dass Saarländisch auch bei den nervigsten Dialekten nicht gerade weit vorne steht - und könnten das Bayrisch oder Sächsisch je von sich behaupten?
Zumindest gehört es zu den lustigsten Dialekten, gleich nach Sächsisch. Heinz Becker sei Dank!
Die Autorin hatte zeitweise mit dem Gedanken gespielt, diesen Artikel auf Saarländisch zu verfassen - doch ist die korrekte Schreibweise dieser Sprache umstritten, und es kann auch nicht von Nicht-Saarländern erwartet werden, die sich lobenswerterweise mit dem einzig wahren Bundesland und seiner Bevölkerung, seinen Sitten und Bräuchen beschäftigen, dass sie dies noch in einer fremden Sprache tun müssen.
Streng genommen müsste es, anstatt der saarländische Dialekt, die saarländischen Dialekte heißen. Einen einheitlichen Dialekt gibt es nämlich nicht. Im Saarland werden von den Eingeborenen zwei Dialekte gesprochen:
Saarländer verständigen sich in einer kurzen und knappen Ausdrucksweise. Ihnen genügen wenige Wörter, um auszudrücken, was sie sagen wollen.
Hier ein Beispiel:
Zwei Saarländer treffen sich zufällig.
"Ei hallo Schorsch." "Tach Fritz, un?"
("Hallo Georg." "Guten Tag Fritz, wie geht es dir?")
"Joo, bei dir?" "Eijo,muss."
("Bei mir ist alles in Ordnung und bei dir?" "Bei mir ist ebenfalls alles Bestens.")
"Was machschdn?" "De Schneider Günther schwenkt heut. Do sin mir ingelaad. Un du?"
("Was machst du denn noch?" "Günther Schneider grillt heute und wir sind eingeladen. Und was machst du?")
"Ei, in Hilzwella is Kirw. Ich muss dann ach mo. Allee dann!"
("In Hülzweiler ist im Moment Kirmes und da werde ich womöglich hingehen. Ich muss weiter, auf Wiedersehen!")
Da wir Saarländer äußerst reisefreudig sind, trifft man uns auf jedem Fleck der Erde. Deshalb - wenn man mal wieder auf einen Saarländer stößt und kein Wort versteht - hier einige saarländische Sprüche mit "Übersetzung":
Hauptsach gudd gess: Hauptsache gut gegessen
Oh leck: Da muss ich mich aber sehr wundern
Mei Good(e): Meine Patentante
Ich han Huddel: Ich bin in Schwierigkeiten
Saaa nur: Das erstaunt mich aber
Ich han die Freck: Ich habe die Grippe
Ich han die Flemm: Ich habe die Nase voll/Ich habe keine Lust mehr
Eijoo: ja
Unn?: wie geht es dir?
Wer noch mal einen Überblick über die Grammatik braucht, sollte hier mal reinschauen
Die Geschichte und Verbreitung wird hier erläutert
Und Wörterbücher stehen unter anderem hier zur Verfügung und hier
Quellen:
Saarländischer Dialekt
http://www.druckerei-von-der-eltz.de/Thomas/index2.htm
Unsere Persönlichkeiten (Landessöhne und -töchter)
Natürlich gibt es auch weltbewegende Persönlichkeiten, die das Saarland ihr zu Hause nennen, und was wäre umgekehrt die saarländische Kultur ohne diese Charaktere!
Wir haben die Sänger Nicole (die einzige Deutsche, die jemals den Eurovision Song- Contest gewann!), Kabarettisten wie Detlev Schönauer und Gerd Dudenhöffer (Jacques´ Bistro und Familie Heinz Becker, wie wir sie lieben), und natürlich Schauspieler wie Franz Eder (dessen Meisterwerk vermutlich elementar für die saarländische Allgemeinbildung ist).
Unser Fundbüro (Was andere bei uns liegen gelassen haben)
Auch wenn unsere saarländische Kultur mit Sicherheit das Höchste ist, was Zivilisation mit ihren Brauchtümern werden kann, sie muss sich den Platz im Saarland dennoch mit dem teilen, was andere bei uns vergessen haben.
Irgendwelche vorchristlichen Völker haben den Gollenstein bei uns vergessen - der größte Menhir (Hinkelstein) Europas kann in Blieskastel abgeholt werden.
Und falls die Kelten noch verschiedenes an Wertsachen vermissen - unter anderem im Kulturpark Bliesbruck-Reinheim liegt im Fürstengrab noch einiges rum. Übrigens, wenn die Hunnen wieder angreifen, dürft ihr euch nicht beklagen. Es ist wirklich nicht unsere Schuld, wenn ihr eure Verteidigungsanlagen wie den Hunnenring in Otzenhausen einfach rum liegen lasst.
Auch die Römer werden an dieser Stelle dringend gebeten, ihren ganzen Krempel mal abzuholen - so vergesslich kann man doch nicht sein, dass man Villen (wie in Nennig und Borg) oder gleich ganze Siedlungen (wie in Schwarzenacker) liegen lässt...
Dazu kommen noch unzählige Burgen aus dem Mittelalter (Kirkel, Siersburg, Kerpen in Illingen...), Schlösser und natürlich der ganze Barock in Saarbrücken, Blieskastel, Saarlouis und wer weiß wo noch. Und was die Kirche angeht mit den ganzen Sakralbauten wie den Klosterruinen in Wörschweiler bei Homburg und Gräfinthal im Mandelbachtal oder die Wendalinusbasilika in St. Wendel, da fängt man besser gar nicht erst an zu zählen, wie viel Platz das alles der saarländischen Reinkultur wegnimmt.
Was das Ganze übrige Zeugs angeht - Gemälde, Skulpturen, was halt alles so anfällt - da haben sich die saarländischen Museen netterweise schon drum gekümmert.
Das Einzige, was bei uns ist, nicht von hier ist und hier trotzdem her gehört, ist, was auf dem Max-Ophüls-Festival anzutreffen ist. Das haben wir uns nämlich ausgedacht und gehört folglich nicht wirklich in die Fundbüro-Kategorie.
Quellen:
Unsere einzigartige Landschaft
Das "schönste Bundesland der Welt" liegt im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland, und wir gehören klimamäßig zu den wärmsten Regionen Deutschlands (siehe Hitzerekord in Perl-Nennig 2003 - 40,8°C!).
Gut ein Drittel unserer Heimat ist mit sommergrünem Mischwald bedeckt, folglich haben wir (mit Hessen und Baden-Württemberg) die prozentual größte Waldfläche Deutschlands. Und nur bei uns nimmt der Laubwald im Vergleich zu allen anderen Bundesländern den größten Teil der Gesamtwaldfläche ein.
Und natürlich haben wir die Saarschleife bei Mettlach, die Schlossberghöhlen in Homburg und die Niedaltdorfer Tropfsteinhöhle. Und wir haben den Losheimer Stausee und den Bostalsee, und viele tolle Flüsse wie die Saar, die Blies, die Prims...
Quelle: Saarland-Geographie
Unser einmaliger politischer Staatsaufbau
Nun gut, man könnte einwenden, dass es in allen anderen Bundesländern ebenfalls Landesparlamente gibt, Landesverfassungen, Landesregierungen, Ministerpräsidenten - ja, die sind dann aber auch nicht saarländisch.
Wir sind das erste Bundesland, das bewiesen hat, dass die Karibik, speziell Jamaika, eben doch in Europa zu finden ist. Wir haben ein Wappen, eine Flagge, und natürlich haben wir auch eine eigene Hymne (wem der Text nicht mehr ganz geläufig ist, schaut am besten mal hier nach de.wikipedia.org/wiki/Saarlandlied): Wir sind das einzige Bundesland, das von sich behaupten kann, eine offizielle Nationalhymne zu haben.
Quelle: Saarland-Politik
Unsere unübertreffliche Wirtschaft
Wir haben Automobil - und deren Zulieferer-Industrie, wir haben Keramik, wir haben Bergbau, wir haben Stahlindustrie, wir haben Informatik und Informationsindustrie. Ja, unsere besondere Wirtschaft hat uns sogar ein Weltkulturerbe in Form der Völklinger Hütte beschert, das als erstes Industriedenkmal überhaupt in diesen Rang erhoben wurde.
Quelle: Wirtschaft_und_Verkehr
Unsere faszinierende Kultur
Wir Saarländer, wir sind schon ein besonderes Völkchen, natürlich mit unserer eigenen Kultur. Wir haben keine Bevölkerungsachse, an der sich die Einwohner ballen, wir haben eine Lyoner-Achse, die von Dillingen bis Saarbrücken und von Saarbrücken bis Neunkirchen reicht. Bei uns gibt es keine gutbürgerliche Küche, bei uns gebt gudd gess, unn zwar saarlännisch. Spezialitäten wie Dibbelabbes und Schales, Lyoner, Hoorische und natürlich Schwenker sind typisch und zudem ganz hervorragend im Geschmack.
Ja, wir Saarländer, wir brauchen keine Tracht, um zu wissen, wo wir hingehören, uns reicht ein Schwenker, am besten noch eine Flasche Maggi zum Würzen, dazu noch eine Flasche saarländisches Bier, sei es Karlsberg oder Bruch (für die Kinder gibt es Merziger Fruchtsaft), als kleiner Magenbitter hinterher vielleicht noch einen Obstbrand aus dem Saar- oder Bliesgau, oder ein Glas Apfelwein - und wir wissen, wo wir herkommen und wo wir zu Hause sind.
Die Saarländer sind naturgemäß auch sehr gebildet. Wir haben eine Universität des Saarlandes, deren medizinische Fakultät in der Forschung natürlich führend in Deutschland ist, eine deutsch-französische Hochschule, diverse Fachhochschulen (Technik und Wirtschaft, Musik, Kunst, Verwaltung), und auch Institute wie die von Max-Planck, Fraunhofer oder Leibniz fühlen sich bei uns zu Hause.
Das Saarland heißt - o Wunder - Saarland, weil die Saar hindurch fließt. Saarland bzw. Saargebiet heißt es aber erst seit etwa 1920 - vorher war das heutige Saarland der reinste Flickenteppich aus preußischen und bayrischen Gebieten sowie Teilen, die zum Großherzogtum Oldenburg gehörten oder zum Herzogtum Sachsen-Coburg.
Vor der französischen Revolution waren die wichtigsten Herren des Saarlandes, die des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken, des Kurfürstentums Trier und des Herzogtums Lothringen. Davor war das Saarland noch weiter zersplittert, so dass (so leid es mir tut) eigentlich nur die Grafschaft Saarbrücken zu nennen ist. Und ganz davor natürlich noch die ganzen römischen Siedlungen wie Schwarzenacker, Reinheim oder Perl.
Andere Gebiete des Saarlandes, die vor 1815 teilweise sogar selbstständig waren, befanden sich unter französischer Herrschaft. Nach dem ersten Weltkrieg stand das Saarland erst unter französischem Einfluss und wurde von 1920 bis 1935 vom Völkerbund verwaltet, was im Versailler Vertrag mit dem ersten Saarstatut so festgelegt worden war. Das bedeutete unter anderem, dass Frankreich für 15 Jahre das Eigentum an den saarländischen Kohlegruben hatte und an den Eisenbahnen westlich der Saar. Das änderte nicht unbedingt viel, da Frankreich das Saarland und seine wertvollen Kohlegruben schon 1918 besetzt hatte.
Dieser Sonderstatus hatte aber auch seine Vorteile. Die Wirtschaft in Frankreich war deutlich stabiler und so wurde das Saarland zum Beispiel von der Hyperinflation 1923 verschont. Dennoch führte die französische Beanspruchung unserer Kohlereserven dazu, dass der Großteil der Saarländer lieber zu Deutschland gehört hätte, was auch alle politischen Parteien einhellig unterstützten - bis 1933, da änderten einige ihre Meinung und wollten doch lieber den Sonderstatus behalten. Die Unterstützer des "Status Quo" waren teilweise international bekannt, hatten doch etliche der Intellektuellen, die sich in Nazi-Deutschland nicht mehr sicher fühlten, erst mal im Saarland Halt gemacht.
Nützte aber alles nichts - 1935 fand im Saarland eine Volksabstimmung statt, infolge der das Saarland ans Deutsche Reich angegliedert wurde (worüber Hitler sich so freute, dass er uns das saarländische Staatstheater "schenkte" = er eröffnete es und die Stadt Saarbrücken musste fast alles zahlen).
Nach dem zweiten Weltkrieg war das Saarland Teil der französischen Besatzungszone; 1946 wurde es selbstständig und erhielt 1947 eine eigene Verfassung, eine eigene Währung (die Saarmark) und eine eigene Staatsbürgerschaft ("Sarrois").
Wir hatten unsere eigene Fußballnationalmannschaft und nahmen an der WM-Qualifikation für 1954 teil. Und 1952 hatten wir sogar unsere eigene Mannschaft bei den olympischen Spielen. 1956 schlossen sich unsere Athleten jedoch dem deutschen Team an, was vielleicht gar nicht so dumm war - diesmal gab es Medaillen für Saarländer, 1952 hatte es keine gegeben.
1955 gab es wieder eine Volksabstimmung darüber, wo die Saarländer denn hingehören wollten. Mit dem zweiten Saarstatut wurde vorgeschlagen, das Saarland einem Kommissar der westeuropäischen Union unterstellt werden, der das Land nach außen vertreten würde, während die saarländische Regierung die internen Angelegenheiten selber regeln sollte. Die wirtschaftliche Anbindung an Frankreich sollte erhalten bleiben, man wollte aber dennoch versuchen, eine stärkere wirtschaftliche Vernetzung mit Deutschland zu erreichen.
Frankreich hatte vorgeschlagen, das Saarland zu einer Wirtschafts-, Währungs- und Verteidigungsunion mit Frankreich zusammenzuschließen, bei der das Saarland aber autonom geblieben wäre, nur hielten die restlichen Alliierten nichts davon.
Die Saarländer hielten von dem Statut jedenfalls nicht viel und lehnten es ab, was man so verstand, dass die Einwohner des Saarlandes zu Deutschland gehören wollten, was dann 1957 auch realisiert wurde.
Wie intelligent das war, ist umstritten, damals gab es auch schon Pläne für die EU, und ganze Stadtteile in und um Saarbrücken waren schon verplant, um dann Institutionen wie das europäische Parlament oder den Rat der europäischen Union dort unterzubringen - diese Gebiete liegen aber zum Teil heute noch brach.
Und leider wurde mit dem Anschluss an die BRD auch die saarländische Staatsangehörigkeit wieder abgeschafft.
Quellen:
Saarland
Geschichte_des_Saarlandes
Saarland/Völkerbund
Saarprotektorat